Ausstellung
15.08.20 – 10.10.20

UN_KONTROLLIERTE TERRITORIEN

SINIŠA ILIć

Einzelausstellung von Siniša Ilić, kuratiert von Ivana Marjanović, Direktorin des Kunstraum Innsbruck

In Zeiten von Orientierungslosigkeit und der Unmöglichkeit stabile geopolitische Grenzen zu ziehen, visualisiert Siniša Ilić mögliche Erinnerungen an 100 Revolutionen. Er zeichnet in seinem Kunstwerk die fragilen Bedingungen unseres Lebens nach und suggeriert eine mögliche Orientierung in einer sich in ständigem Wandel befindlichen Welt. Bilder von arbeitenden Menschen verflechten sich mit Landschaften der Kontrolle und des politischen Aufruhrs. Die aktuelle Gesundheitskrise reiht sich in eine lange Geschichte historischer Veränderungen ein: von der Oktoberrevolution und der blockfreien Bewegung bis hin zu den Beobachtungen des Künstlers bezüglich des Überlebens in einer neoliberalen kapitalistischen Welt, die auf Klassenhierarchien, rassistischen Ausgrenzungen und Ausbeutung beruht.

Die Ausstellung Un_controlled Territories präsentiert eine Auswahl der jüngsten Kunstproduktionen von Ilić. Unter Verwendung verschiedener Medien, Kleinformatzeichnungen, großer temporärer Wandgemälde, Videoarbeiten, Drucken und Collagen schafft Siniša Ilić eine visuelle Sprache für die Erforschung vergangener, aktueller und imaginärer politischer Entwicklungen und Bewegungen mit dem Interesse an einer anderen Zukunft.

Die Intervention von Ilić an alten Abbildungen von Alpenregionen und west-/mitteleuropäischen Städten verwandelt historische touristische Marketingkampagnen in Bilder, die aufzeigen, was die kommerzielle Werbung oft verbirgt: turbulente Geschichten, Landschaften von Aufständen, Geister aus der Vergangenheit. Die regulierte und monetarisierte Natur mit ihrer touristischen Infrastruktur wird zur imaginären Szenographie von Spannungen.

Die Ästhetik von Ilić oszilliert zwischen einer reduzierten, fast abstrakten Darstellung von Menschen (die durch Arbeit und Kontrolle entfremdet werden) und Körpern in Aktion und in Kämpfen und drückt die Kraft kollektiven Handelns aus, das oft durch den "explosiven" Einsatz von Farbe und collagierten Formen unterstützt wird. 



Während des Lockdowns im März und April 2020 war Ilić gezwungen, einen Monat in Quarantäne in seiner Wohnung in Belgrad zu verbringen. Interessanterweise führte diese plötzliche Einsamkeit zu einer neuen Wende in seinem Zeichenstil. Die Zeichnungsserie Boarding zeigt Nahaufnahmen von Menschen, die von gesundheitlichen Bedenken und Panik geprägt sind, die sowohl von innen als auch von außen kommen. Während diese anonymen Personen sehr ausdrucksstark gezeichnet werden, bleibt die Darstellung der exekutiven Macht der Kontrollgesellschaft (Polizei, Zollbeamte, Grenzkontrolleure) brutal, abstrakt und kalt. In ähnlicher Weise erzeugen die Arbeitsbedingungen im Rahmen von social distancing neue Formen der Entfremdung. Die reduzierte Bildsprache fängt dies sehr gut ein, auch mit einer Portion Ironie und Humor, wenn es um die Vorstellung einer Konsumgesellschaft ohne Konsument*innen geht (Social Distancing und Europa 2, 2020).

Da die Kunstpraxis von Ilić visuelle und darstellende Kunst miteinander verbindet, präsentiert die Ausstellung auch kollaborative und performative Aspekte seiner Arbeit, in diesem Fall die Zusammenarbeit mit dem Theatermacher Bojan Djordjev. Anlässlich des hundertsten Jahrestages der russischen Revolution von 1917 schufen die beiden Künstler das Werk Orientation in 100 Revolutions (2017), das zum einen ein gigantisches Bild ist, zum anderen auch eine "Requisite" für eine Aufführung mit kollektivem Engagement des Publikums.

Die Ausstellung im Kunstraum Innsbruck kann auch als work in progress betrachtet werden: Nicht nur wird das monumentale Kunstwerk Orientation in 100 Revolutions gegen Ende der Schau aus dem Ausstellungsraum entfernt und in den öffentlichen Raum gebracht, auch eine neue Videoarbeit, die die Verlangsamung des Kapitalismus aufgrund der Coronavirus-Krise widerspiegeln, wird im September uraufgeführt und in die Ausstellung integriert.

Die Ausstellung im Kunstraum Innsbruck ist die erste Einzelausstellung von Siniša Ilić im deutschsprachigen Raum.

 

Boarding, Zeichnungen, Blockmarker auf Papier, 22x27cm, 2020 Social Distancing, Europe 1 und Europe 2, Zeichnungen, Tusche, Feder und Bleistift auf Papier, 21 x 29,5 cm, 2020 Masks, Papierschnitte, ca. 24 x 33 cm, 2020 Solitude, Fotografien, auf Kunstraum Innsbruck Instagram, 2020


Die Zeichnungen Boarding und Europe 1 sowie die Scherenschnitte Masken und die Fotografien Solitude beschäftigen sich mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Genauer gesagt, behandeln sie das Thema der Verbreitung und ihrer plötzlichen Veränderung, die von Angst, uniformierten Körpern, Staaten, dem Virus, der Sorge um unsere Gesundheit und die der anderen gesteuert und geprägt wird. Die Zeichnungen Social Distancing und Europe 2 hinterfragen neue Muster sozialer Choreographien und Ängste, wie z.B. unsere physische Präsenz im öffentlichen Raum oder die Abwesenheit von Konsumgewohnheiten und -ritualen. 

Siniša Ilić, Orientation in 100 revolutions, Druck auf Textil, 1000 x 1000 cm, 2017

 

Siniša Ilić und Bojan Djordjev, Orientation in 100 revolutions, Performance, Videodokumentation, 2017-fortlaufend


Orientation in 100 revolutions ist ein digital gedrucktes Bild auf Textil, hundert Quadratmeter groß. Das Bild ist eine abstrakte, dekonstruierte Weltkarte. Das Stück wurde in Co-Autorenschaft mit dem Theatermacher und Regisseur Bojan Djordjev anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Oktoberrevolution konzipiert. Die Erzählung des Bildes und seine künstlerischen Referenzen, wie die russische Avantgarde und die damit verbundene abstrakte Kunst und Collage, untersuchen die Beziehungen zwischen Bild und Text. Das Bild wurde als Teil einer Inszenierung geschaffen, in der es als performatives Objekt fungiert. Die Performance und das Bild können im Rahmen zweier Texte interpretiert werden: die von den Autoren zusammengestellte chronologisch-geographisch-historische Auflistung der Revolutionen und sozialen Unruhen der letzten hundert Jahre sowie Fragmente aus dem Roman Die Libelle (1952) von Oskar Davičo, einem jugoslawischen Autor und Dichter, revolutionären Aktivisten und Politiker. Davičo listet verschiedene Gruppen, Identitäten und Entitäten auf, deren kritisches Denken und Handeln für eine Rebellion notwendig sind. In der Videodokumentation wird die Textperformance von einer minimalistischen Choreographie begleitet, die darin besteht, dass ein Zeigefinger auf verschiedene Orte im Bild zeigt, fiktive Orte im Bild die willkürlich als Brennpunkte definiert werden und so Orientierung auf einer dekonstruierten, politischen Weltkarte geben. Durch die Inszenierung von Orientation in 100 revolutions auf dem Alpengletscher in Tirol, der aufgrund der globalen Erwärmung verschwindet, wirft Ilić die Frage auf, wie revolutionäre politische Geschichten und aktuelle ökologische Bewegungen miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Siniša Ilić und Bojan Djordjev, Orientation in 100 revolutions, Performance, Videodokumentation, 21‘ 34‘‘; Aufgeführt von Bojan Djordjev. Performance und Dokumentation: Nadežda Petrović Galerie, Čačak, 2017 Siniša Ilić und Bojan Djordjev, Orientation in 100 revolutions, Performance, Videodokumentation, 1‘ 51‘‘. Aufgeführt von Sarah Enodeh, Geronimo Jarosch, Ivana Marjanović, Philipp Quehenberger. Kamera, Schnitt, Ton Daniel Jarosch. Aufgenommen am Kaunertaler Gletscher. Produktion Kunstraum Innsbruck, 2020

 

Class Society, vier Zeichnungen, schwarze Tinte auf Papier, 27 x 35 cm, 2017 und Dokumentation des Wandgemäldes in Without Anesthesia, The 54th Zagreb Salon of Visual Arts, Meštrović Pavilion, Zagreb, 2019; Digitaldruck, 2020


Eines der Medien, für die Siniša Ilić bekannt ist, sind ephemere Gemälde an den Wänden von Ausstellungsräumen, die nach Beendigung der Ausstellung verschwinden. Diese Form der "Entmaterialisierung von Kunstwerken" trägt bewusst zu einer Kritik des Warenfetischismus des (Kunst-)Marktes bei. Zudem dienen die Originalbilder, die er als Ausgangspunkt für die Wandmalereien auf Papier zeichnet, hier als eine Art offenes "Skript". Mit jeder neuen "Aufführung" der Wandbilder verändern sie sich, erwerben neue Eigenschaften, wie in der darstellenden Kunst. Aufgrund der Reisebeschränkungen von Covid-19 war es Siniša Ilić nicht möglich, die Wandmalereien wie geplant im Kunstraum Innsbruck zu schaffen, so dass die digitale Druckdokumentation eine alternative Lösung darstellt. Class Society präsentiert Sequenzen von Szenen, die arbeitende Menschen in der Dienstleistungsindustrie darstellen. Arbeiter*innen in Restaurants, Kaffeehäusern, Konzertsälen werden in ihrer sich wiederholenden Haltung des Servierens zu fragmentierten Körpern an einigen der am stärksten rassifizierten Arbeitsstätten des zeitgenössischen neoliberalen Kapitalismus. Das Werk gehört zu einer Reihe von Kunstwerken von Siniša Ilić, in denen der Künstler die kapitalistische Teilung von Arbeit und Gesellschaft kritisch beobachtet und "dokumentiert".

 

Waste, video 4’7’’, 2018


Zwei Figuren, ein Mann und eine Frau, bewegen sich durch ein modernistisches Gebäude mit abgenutztem Interieur, ein Museum moderner Kunst das kurz vor der Umsiedlung steht. Das nicht-narrative Video Waste beschäftigt sich mit der Darstellung und Choreographien des Lebens in der jugoslawischen Stadt Rijeka, zur Zeit der industriellen Entwicklung sowie in der Gegenwart. Es kontrastiert den Ort, an dem es gedreht wird, mit der Gegenwart und inszeniert Probleme und Atmosphären der Einsamkeit und Müdigkeit in der heutigen postindustriellen, digitalen und prekären Ära. Der Mechanismus, der die Dynamik eines Arbeitsraums auslöst, nimmt das Inventar des Museums auf, um eine hybride Umgebung zu schaffen, eine Szenografie von Objekten, die ihrer ursprünglichen Funktion beraubt sind. Die Reliefs, die wir als Inneneinrichtung des Gebäudes sehen und die im Video zu sehen sind, reichen vom revolutionären Kommunismus bis zum modernistischen Sozialismus und bekräftigen das dynamische internationale Klima und den Übergangscharakter der Stadt. Mit Blick auf die entfremdeten Aktivitäten von (Kultur-)Arbeiter*innen stellt es die Konventionen des Lebens während der Übergangskrise in Frage, einschließlich der kapitalistischen Beschleunigung, die die Menschheit an ihre Grenzen bringt.  Das Video Waste wurde im ehemaligen Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Rijeka gedreht und als Teil einer größeren Installation produziert, die Arbeiten aus der Sammlung des Museums aus den 1930er Jahren enthielt. Dies ist das erste Mal, dass dieses Video unabhängig gezeigt wird.  Darsteller*innen: Jelena Lopatić, Dušan Barbarić. Kamera, Schnitt, Ton: Karlo Čargonja. Die Arbeit wurde erschaffen im Rahmen von "On the Shoulders of Fallen Giants", 2. Biennale für industrielle Kunst, im Rahmen des Projekts Rijeka - Kulturhauptstadt Europas 2020 

 

Images of Regulated or Uncontrolled Territories, Interventionen auf Schwarz-Weiß-Fotografien, Collagen, 21 x 26 cm und 22 x 30,5 cm, 2015

Images of regulated or uncontrolled territories sind Eingriffe in Tinte oder Farbe auf Fotografien, die in repräsentativen Monografien veröffentlicht wurden und europäische Landschaften und Städte in den letzten Jahrzehnten zeigen. Namentlich das Buch Deutschland und der berühmte Reiseführer Karwendelgebirge (Naturpark Karwendel), herausgegeben vom Alpenverein. Das zweite Buch zeigt das größte Gebirge der Nördlichen Kalkalpen, dessen größter Teil in Tirol (Österreich) liegt. Beide Bücher wurden auf der Straße in Graz in öffentlichen Bücherregalen gefunden. Das Kunstwerk ist ein Kommentar zu Bildern, die wir durch eine romantisierte Ikonographie des 20. Jahrhunderts erkennen können, d.h. die Eroberung der Natur, die den Weg der erforschten Gebiete, der Produktion, der Städte mit Tradition, des Baus und der Entwicklung aufzeichnet, aber auch durch den gegenwärtigen Moment, der unsicher ist in seinem Versuch, die Illusion der Kontrolle zu stören. Der Künstler greift ein, indem er unerzählte politische Geschichten imaginiert.

 

On tools and Weapons, Video, 4’5’’, 2019 


On tools and Weapons entstand im Rahmen einer Intervention und Installation im Museum für Afrikanische Kunst in Belgrad. Es ist Teil einer Reihe von Kunstwerken von Siniša Ilić, die sich mit der Frage nach der Rolle von Museen als Institution (von der Tate Modern bis zu Museen im ehemaligen Jugoslawien) beschäftigt. Das Museum für Afrikanische Kunst mit seinem emblematischen Originaldesign, das eine Inneneinrichtung und Architektur bietet, die ein Kunstwerk in sich ist, wurde 1977 gegründet. Es wurde zur Beherbergung einer Privatsammlung gebaut, die ein jugoslawisches Diplomatenpaar, das als Botschafter*innen in verschiedenen Regionen Westafrikas tätig war, der Stadt Belgrad als Geschenk übergab. Das Paar leistete seinen Dienst im Rahmen der blockfreien Bewegung, der Jugoslawien angehörte, und unterstützte aktiv die Entkolonialisierungsbewegungen. Das Sammeln und Ausstellen von Objekten, die in einem solchen Kontext erworben wurden, ist jedoch derzeit Gegenstand heftiger Debatten um Fragen der Aneignung. Die Verwendung von Objekten aus der Museumssammlung, namentlich von Waffen und Werkzeugen, und die Entscheidung, nicht die "repräsentativsten" Objekte, wie z.B. afrikanische Masken, im Video zu verwenden, wirft eine Reihe von Fragen auf. Es problematisiert die Sicht auf den afrikanischen Kontinent als unerschöpfliche Ressource, die für Ausbeutung und Kolonialisierung zur Verfügung steht, aber auch allgemeine Fragen von Überleben, Kämpfen und Entkolonialisierung. Die Arbeit endet in einer Art postapokalyptischem Ambiente des unfertigen Dachbodens des Museums und impliziert die Frage nach der Funktion: Der vom Künstler in Form einer Kunstinstallation arrangierte Raum, der die Möbel des Museums, Objekte, Asche, technologische Abfälle, alte Literatur, abstrakte Formen umfasst, wird schließlich vom Akteur des Videos aufgegeben.  Darsteller: Dušan Barbarić. Kamera, Schnitt, Ton: Jelena Maksimović. Produziert von und gefilmt im Museum für Afrikanische Kunst in Belgrad.  

 

Without a Proposition for a Concrete Solution, Video und Rauminstallation, 2016 (Video 25’; Lithografie 50 x 70 cm; Zeichnung, Wasserfarbe auf Papier, 32 x24 cm; Persönliche Notizen von Siniša Ilić; Postkarte mit Handschriften aus Siniša Ilić’s Familienarchiv, 9,5 x 15,5 cm)


Without a Proposition for a Concrete Solution ist eine Rauminstallation und ein Video, das in drei Kapiteln die Begriffe Freundschaft und Solidarität behandelt. Siniša Ilić schlägt den Kontext der blockfreien Bewegung und die komplexen politischen Landschaften der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als historisches Prisma vor, durch das diese Themen beobachtet werden können. Ausgangspunkt der Arbeit ist eine handgemalte Postkarte aus einem Privatarchiv, die aus den 1970er Jahren stammt und in "gebrochenem" Serbokroatisch geschrieben ist. Die Postkarte wurde als Freundschaftsgeste eines ägyptischen Freundes/Kollegen an den Vater des Künstlers adressiert. Durch das erste Kapitel bringen uns diese Postkarte und ihre schriftliche Botschaft zurück in die Zeit der blockfreien Politik und der Beziehungen, die die Bewegung förderte und schuf, nämlich eine politische Vision jenseits des Kalten Krieges, eine dekoloniale, nicht-kapitalistische Welt. Das Konzept der Welt als Bild einer politischen Landkarte, das in der Repräsentationspolitik der blockfreien Bewegung oft verwendet wird, wird im gesamten Werk vor den Augen der Betrachter*innen etabliert und dekonstruiert. Das zweite Kapitel besteht aus Gesprächsnotizen mit einer Freundin der Familie. Das Gespräch wird nicht gehört, sondern liegt in Form von Texttableaus vor, die in die Struktur des Films einfließen, und in seinem Inhalt finden wir Toponyme wie Amsterdam und Schweden, Themen wie Klasse und Immigration sowie die Organisation des Lebens im Kapitalismus. Dieses Gespräch, das in einer Wohnung irgendwo in Westeuropa stattfindet, rekonstruiert die Potenziale der Freiheit in der Vergangenheit und betrachtet gleichzeitig eine Gesellschaft, die auf dem schmalen Grat zwischen Gemeinschaft (commons) und Situationen von Kontrolle und Mikrogewalt balanciert.

Das letzte Kapitel des Videos ist ein metaphorisches und entfremdetes Bild der mechanischen Massenproduktion von Bildern, die Konflikte und Druck als soziale Matrizen darstellen, in deren Rissen wir Raum für Begegnungen finden könnten.

Kamera: Jelena Maksimović und Lara Kostić, Schnitt und Ton: Jelena Maksimović, Schnitt und Ton: Jelena Maksimović; Lithographien von Siniša Ilić, Druckgraphik: Dragan Coha. Die im Video verwendete Postkarte stammt aus einem Privatarchiv. Der Text ist Teil eines Gesprächs mit Maša Kostić. Produziert mit der Unterstützung von der Kadist Art Foundation, Paris und dem serbischen Kulturministerium.

 

Video, 2020

 
Im September wird die Ausstellung mit neuen Videokunstwerken aufgewertet, die die Verlangsamung der kapitalistischen Produktions- und Austauschbeziehungen aufgrund der neuen, durch die aktuelle Gesundheitskrise verursachten Situation widerspiegeln. 

 

Changes on the Crust, 2020 - Produktion wegen Covid-19 abgesagt


Changes on the Crust ist ein Wandgemälde, das uns als Publikum vor ein visuelles Rätsel stellt. Wir sehen fragmentierte Formen, Spuren und Farbbahnen, die wir vergeblich versuchen zu erkennen und zu einem vollständigen Bild des geographisch-politischen Atlas und der Weltkarte, wie wir sie kennen und mit der wir über Geschichte und Gesellschaft gelernt haben, zu verschmelzen. Das Bild vor uns erinnert jedoch nur an die Karte, die wir kennen, es besteht aus Lücken, Ungereimtheiten, Orten, die sich nicht treffen, aus den Umrissen fiktiver Grenzen. Changes on the Crust ist eine der Arbeiten, die sich mit der Abstraktheit und Instabilität der visuellen Darstellung von Geographie aufgrund politischer und sozialer Veränderungen und deren Folgen, mit der Vergeblichkeit des Versuchs, eine solide Vorstellung von der Welt zu gewinnen, und mit der Inkonsistenz der Karte, an die wir uns zu gewöhnen versuchen, auseinandersetzen. Bisherige Arbeiten mit diesem Schwerpunkt benutzten als künstlerische Referenzen die Methoden des Rorschach-Tests, kombiniert mit vergrößerten geographischen Formen und Regionen als Bilder und Räume, in die wir unser Wissen, unsere Missverständnisse und Erwartungen über und an die Welt, in der wir leben, einschreiben. Das Wandgemälde fasst in seiner Vergänglichkeit die Instabilität und Unmöglichkeit eines endgültigen Schlusses über das Aussehen der Welt zusammen.   

Weitere Informationen: http://sinisailic.blogspot.com/ 

Texte geschrieben und überarbeitet von Siniša Ilić und Ivana Marjanović

Siniša Ilić wurde 1977 in Belgrad geboren. Er hat einen BA und MA an der Fakultät für Bildende Künste in Belgrad erworben. Er ist Mitbegründer von TkH (Walking Theory), einer Kunst- und Theorieplattform, die Ende 2000 in Belgrad von einer Gruppe Theoretiker*innen und Künstler*innen initiiert wurde. Ilić hat seine Werke sowohl im ehemaligen Jugoslawien als auch in internationalen Räumen gezeigt, unter anderem in der Tate Modern; Georges Pompidou Center, Kadist Art Foundation, Paris; Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad; Galerie Nova, Zagreb. Er hat an zahlreichen Theaterprojekten und Residenzen teilgenommen und verschiedene Auszeichnungen erhalten.

 

EVENTS

14.08.20, 16:00-21:00 ERÖFFNUNG  

15.08.20, 12:00 KÜNSTLERGESPRÄCH  

10.09.2020 17:00-19:00 OFFENES LABOR: REGULIERTE UND UNKONTROLLIERTE TERRITORIEN  

24.09.2020 16:30 - 18:00 OFFENES LABOR  

19.09. & 03.10.2020, jeweils 14:00 FÜHRUNGEN  

08.10.2020 16:30 - 18:00 OFFENES LABOR  

07.10.2020, 17:00-18:30 ORIENTATION IN 100 REVOLUTIONS  

08.10.2020 19:00 ONLINE EVENT: ARTIST TALK MIT SABINA SABOLOVIć