KILUANJI KIA HENDA
Kuratiert von Karin Pernegger
Im Rahmen der Eröffnungsausstellung untersucht der angolanische Künstler Kiluanji Kia Henda (*1979) die Mechanismen kultureller Identitätsbildung vor dem Hintergrund der komplexen Kolonialgeschichte seines Landes anhand eines Porträts der gegenwärtigen Kulturszene in der Hauptstadt Luanda. Die politische Unabhängigkeit Angolas von Portugal im Jahr 1975, sowie den daran anschließenden grausamen Bürgerkrieg von 1975-2002 und der damit verbundenen Rolle Angolas als Öllieferant zu Zeiten des Kalten Krieges werden zu den historischen Eckdaten seiner Recherche. Der Titel der Ausstellung ist einer Strophe der Nationalhymne Angolas entlehnt, die jene revolutionären Ziele der Geburt einer neuen Nation besingt. Die hier beschriebene Ausstellung ist der Versuch des Künstlers, seiner Generation ein Monument zu setzen. Es ist dies die erste Präsentation des Künstlers in Österreich, dessen Werk international in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit erfahren hatte. Im November 2012 wurde Kiluanji Kia Henda für dieses Projekt mit dem Staatspreis für Bildende Kunst in Angola ausgezeichnet. Von allen afrikanischen Staaten ist die Kunst- und Kulturszene Angolas die am meisten in Aufschwung befindliche, da durch die koloniale Vernetzung seit jeher enge Beziehungen nach Portugal und Brasilien bestehen. An neuralgischen Verkehrsknotenpunkten fokussiert Kia Henda seinen Blick auf die Denkmäler der früheren portugiesischen Eroberer und Kolonialmachthaber Angolas, wie z. B. auf das Denkmal des Generalgouverneurs Pedro Alexandrino da Cunha (1845-48) oder auf das Denkmall des aus dem 12. Jahrhundert stammenden ersten König Portugals Alfonso dem I. Allen historischen Denkmälern ist gemeinsam, das deren Podeste - seit der Unabhängigkeit Angolas 1975 - keine Statuen mehr tragen, bzw. diese am Stadtrand in der Festung von Sao Miguel über Freiem Himmel gelagert werden, wie es die Serie „Balumuka (Ambush, dt. Hinterhalt)“ (2010) zeigt. Dort finden sich auch weitere historische Statuen, wie die der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Heroin Njinga Mbandi, dem portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama oder Paulo Dias de Novais, dem portugiesischen Entdecker und Gründer der Stadt Luanda. Die Arbeit wird zu einem eindringlichen Porträt eines Landes, das in geschichtlichen Brüchen der von außen eingreifender politischen Mächte, bzw. seit dem Unabhängigkeitskrieg 1961 von den Portugiesen, keine kontinuierliche gesellschaftliche Entwicklung erfahren hat und es dementsprechend an der heranwachsenden Generation liegt, dieses Bewusstsein zu schaffen. Dem Vorbild der historischen Recherche entsprechend, inszeniert Kia Henda in der Serie „Redefining the Power“ (2011) die Vertreter der jeweiligen gegenwärtigen Subkultur vor den inzwischen abgetragenen Denkmälern der Kolonialgeschichte. Mit diesem Akt der Aneignung untersucht er das aus verschiedenen Einflüssen gewachsene Selbstbild seiner Generation. Anhand der fotografischen Recherchen und Interviews mit den Protagonisten aus den Bereichen Kunst, Musik, Theater, Literatur und Subkultur übersetzt er die Historie des Landes in eine gelebte Gegenwart. Hieraus erschließt sich für den Betrachter ein sehr einnehmendes Bild einer prosperierenden jungen Kunst- und Kulturszene in Luanda.
Text: Karin Pernegger
KILUANJI KIA HENDA
, geb. 1979 lebt und arbeitet in Luanda, Angola, sowie in Lissabon, Portugal. Im Jahr 2013 sind weiters Einzellausstellung (Auswahl) des Künstlers in der Calouste Gulbenkian Foundation, in Lissabon; im Centre Culturel Gulbenkian, in Paris; sowie im Sharjah Art Museum, in den Arabischen Emiraten zu sehen. Weiters war er u.a. 2007 Künstler des Afrikanischen Pavillons in Venedig, sowie auf der Luanda Triennale in Angola; 2008 auf der Guangzhou Triennale in China und 2009 auf der Agora Biennale in Bordeaux vertreten. Er erhielt Artist-In-Residence Aufenthalte in Südafrika, Italien, USA, Deutschland und Brasilien. Seine Werke wurden in folgenden Gruppenausstellungen gezeigt (Auswahl): „Tomorrow Was Already Here“, Museo Tamayo, Mexiko Stadt; „Les Ateliers de Rennes – Biennale of Contemporary Art“, Les Praires, Rennes, Frankreich; „Super Power: Africa in Science Fiction“, Arnolfini, Bristol, Großbritannien; „You Are Now Entering“, CCA Derry-Londonderry, Großbritannien; „Doublebound Economies“, Halle 14, Leipzig, Deutschland; und „Experimental Station“, Centro de Arte y Creación Industrial LABoral, Gijón, Spanien.
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Sendung zur Ausstellung, ein Gespräch zwischen Kiluanji Kia Henda und Karin Pernegger (in englischer Sprache) zum Nachhören unter folgendem Link: