JEAN-DANIEL BERCLAZ

Der französisch-schweizerische Künstler Jean-Daniel Berclaz (er lebt in Mairseille) setzt sich in seiner Kunst mit der gesellschaftlichen und urbanen Wahrnehmung von Landschaft auseinander. Im Zentrum steht sein fiktives Museum Le Musée du Point de Vue. Für dieses „Museum im Freien“ erkundet er Städte und Landschaften und fotografiert diese von einem gewissen Aussichts- und Blickpunkt. An zwei völlig unterschiedlichen Standpunkten in der Stadt oder deren Umgebung „inszeniert“ er Vernissagen als Treffpunkt für Kommunikation: Einladungen werden verschickt, Getränke und Speisen werden gereicht.
Berclaz fotografiert und filmt die Vernissagen. Bei einer abschliessenden Ausstellung in einem realen Museum/Ausstellungsraum werden sowohl die beiden ausgewählten „Landschaften“ als auch die beiden Vernissagen in Form von Bildern und Videos gezeigt. Das Video der Vernissagen wird auf zwei Großleinwände projiziiert, die parallel zueinander stehen. Zwischen diesen Leinwänden bewegen sich die Ausstellungsbesucher. Es entsteht eine Vermischung aus realen und gefilmten Personen, Stimmen und ein dichtes Feld der Kommunikation.
Das Musée du Point de Vue stellt die Landschaft aus: die Berge, das Meer, die Stadt. Ein Museum im Freien also, mit Landschaftsbildern und Landschaftsgemälden. Jean-Daniel Berclaz führt die Überlegung der Malerei des 19. Jahrhunderts weiter. Seine Arbeit besteht darin, die Landschaft zu beobachten, bis wir fühlen, dass uns die Landschaft selbst beobachtet. Zu den Vernissagen ist jeder eingeladen; das Buffet wird vom Künstler vorbereitet. Jeder Besucher wird zum Akteur des zukünftigen Werkes, einer Foto- und Videoinstallation, die im Kunstraum Innsbruck ab 6. Oktober 2001 zu sehen sein wird. Jeder ist also gleichzeitig Akteur und Zuschauer, Figur und Autor, Gesehener und Voyeur und wird während der Ausstellung sein eigenes Bild in Lebensgröße an die Wand projiziert sehen können.
Die Entstehung des Musée du Point de Vue ist eng an Marseille gebunden. Die Stadt ist sozusagen Taufpatin des Projektes. Weitere Orte sind Freiburg (CH), Besancon (F), District de la Hague (F), Genf (CH) etc.
Für Innsbruck wählte der Künstler für seine Vernissageinszenierungen das Hafelekar (2334 m) und den Innsteg (Seite St. Nikolaus). Am Sonntag den 9. September 2001 zwischen 11 und 15 Uhr, einem herrlichen Herbstmorgen, fand auf der Seegrube, umgeben vom ersten frischen Schnee, eine der beiden Aussichtspunkt-Vernissagen statt. Der ursprünglich gewählte Ort am Hafelekar war für die geplante Inszenierung wegen des Nordwindes und der vereisten Hänge zu gefährlich. Am Abend des 13. September 2001 gab es die zweite Veranstaltung am Innsteg in St. Nikolaus.
Nein, es war kein gewöhnlicher Tag
das Licht des Tages bewegte sich
Gerüche stiegen auf
die Nacht wartete
Gewürze und Farben lagen auf dem Tisch
du sprachst, es war in einer schwierigen Sprache
und ich versuchte, von etwas anderem zu träumen vielleicht von etwas, das ich schon durch ein Fenster gesehen habe
von etwas Essbarem, wie einer Landschaft, zum Beispiel.
- Jean-Daniel Berclaz