JANNIS KOUNELLIS

JANNIS KOUNELLIS
ist Regisseur, Dramaturg, Maler und Autor in einer Person. Der Kunstraum Innsbruck wird zu einer Bühne, auf der er einen Einakter schafft, der sich - aus verschiedenen Teilen bestehend - zu einem Bild zusammensetzt.
Die Arbeit an der ersten 13 Meter langen Wand ist wie der zweite Vorhang im Theater. Er ist transparent und verhüllend zugleich und gibt den Blick frei auf ein auf den Kopf gestelltes Kreuz. Für Jannis Kounellis steht das Kreuz für Freiheit zur Kritik. Es liegt in der Verantwortung des Menschen, sich, sein Umfeld, das Leben mit einer kritischen Betrachtungsweise zu begegnen. Die 28 Schnüre, an die in regelmäßigen Abständen die 224 Viertelliter Wein-gläser geknüpft sind, führen über die zwischenfreistehende Wand und Deckenunterzug in den nächsten Raum und stellen eine Verbindung zwischen den Räumen her.
Das Zentrum der Bühne bilden 47 aneinandergereihte alte Tische, ein großer Körper, der in seiner Komposition in einem bestimmten Winkel zum Raum ausgerichtet ist. Die Tische, ehemalige Eß- und Arbeitstische, tragen Geschichten in sich, verweisen auf vergangene Ereignisse. Auf den Tischplatten stehen alte Nähmaschinen, die durch die Sockel aus weißer Ölmalerei noch stärkere Betonung erhalten. Die Einschnitte zwischen den Tischen sind mit tonnenschweren Kohlesäcken gefüllt. Kohlesäcke, die im Krieg von Soldaten aufgestapelt wurden, um den Feind abzuhalten und sich zu schützen. Durch das Aneinanderreihen der Tische entstehen zwischen den Platten Spalten, für Kounellis das Labyrinth des Minotaurus. Die Szenerie umschließt zwei Trägersäulen des Raumes und wirkt dadurch noch zentrierter und kompakter.
Die Blickrichtung der Tische verweist auf die im hinteren Bereich an der Wand hängenden Arbeiten. Die eisernen Wandbilder haben das Format eines Doppelbettes. Der Mensch erhält so physische Präsenz, ist in seiner menschlichen Gestalt nicht sichtbar, trotzdem aber gegenwärtig. Schwere Kohlesäcke, auf eisernen Konsolen ruhend, sind aufgeschlitzt und mit weißen Stoffbandagen verbunden wie Wunden. Die mit Nieten festgemachten Leinwandstücke tragen einen starken gestischen Farbauftrag, der in der Bewegung des Auftragens einem Schnitt gleichkommt. Diese „Schnitte“ stehen für Verletzungen, Wunden.
Eingefasst und zu einem Abschluss gebracht wird die Gesamtkomposition durch ein am Boden liegendes Kreuz, zwischen Quer- und Längsbalken getrocknete Blumen geklemmt, am Querbalken mit dem Schriftzug Kunstraum versehen.
Kuratorin: Elisabeth Thoman- Oberhofer, Innsbruck