HERBERT BRANDL

Ähnlich einem Cinemascope erstrecken sich die monumentalen Leinwände der Panorama-Serie in horizontaler Ausrichtung. Der Titel des Werkblocks, den Herbert Brandl im Jahre 2000 begonnen hat, verspricht Illusionistisches.
Als Panorama verstehen wir zum Beispiel die Erscheinung einer Gebirgskette oder einer Stadtvedute, in jedem Fall bezogen auf ein reales visuelles Phänomen - der Anblick eines Ereignisses, gebunden an die Wirklichkeit. Brandls Gemälde sind ambivalent und entziehen sich einer eindeutigen Rezeption und Analyse. Sie changieren zwischen Gegenstandsbezug und Abstraktion. Allzu trügerisch erscheint der romantische Aspekt des Abendrots, des tobenden Szenarios der Wolkenzüge und des Wetterleuchtens auf dem Tafelbild. Feuriges Rot, sfumatohafte Verschleierung, Sonnenlicht, die nur mühsam die diffuse Atmosphäre durchbrechen.
Das extrem breite Bildformat lässt den Betrachter in das Bildgeschehen rasch einsteigen, der linke und rechte Bildrand verschwindet aus seinem Fokus, er ist im Bild, so wie wir es aus der Kinowelt kennen. Aus der quadratischen Bildschirmröhre des Fernsehers wird ein Bildfeld, das uns in eine zweite Realität eintauchen lässt. Der naturalistische Trug von Brandls Panoramen wird jedoch sogleich gebrochen - gebrochen durch die Malerei selbst, ihrer Behauptung gegenüber dem abzubildenden Gegenstand Natur.
Bewusst fehlen in all den Arbeiten Horizonte. Das Bild gewinnt mit seinem Farbfeldcharakter eine gesteigerte Autonomie. Wo Tiefenwirkung aufkommt, dort setzt Brandl einen spröden Pinselstrich entgegen, übertüncht den Schein des Sonnenlichts oder das Atmosphärische der Nebelschwaden. Farbe rinnt die Leinwand herunter, und verdeutlicht sogleich die faktische Flachheit des Mediums Malerei. Der Maler lässt bewusst Farbspritzer als Indiz für den Arbeitsprozess stehen. Das routinierte durchkomponierte Meisterwerk ist nicht seine primäre Absicht. Andererseits lässt sich eine wunderbare Subtilität im par excellence Malerischen erkennen.
Farbe ist dann nicht gleich Farbe sondern transformierte Materie, die Tiefe, Dichte, Atmosphäre erzeugt, unmittelbar gesetzt, ohne allzu geplantes Führen des Malwerkzeugs. Brandls Haltung zur Malerei ist eine dezidiert offene, die ein großes Spektrum in diesem Medium zulässt. Er engt sich nicht ein mit konzeptuellen Strategien oder eingeprobten, aus dem Ärmel geschüttelten Meisterstücken, die bald durch das Routinierte der Stagnation erliegen. Jede unbehandelte Leinwand ist eine neue Herausforderung – ungewiss, aber mit der Geschichte der Malerei im Rücken.
Kuratorin: Elisabeth Thoman- Oberhofer, Innsbruck